Die aktuellen Statistiken des BKA zeigen einen alarmierenden Anstieg von 60 Prozent bei Schleusungsdelikten im vergangenen Jahr. Die Methoden der Schleuser gegenüber Migranten werden zunehmend rücksichtsloser.
Die Rekrutierung von Migranten erfolgt verstärkt über digitale Plattformen. Das neue Lagebericht zur Schleuserkriminalität beschreibt Deutschland als das Hauptziel innerhalb der EU. Diese Informationen könnten entscheidend für die Bundesregierung sein, um über die Verlängerung von Grenzkontrollen an der Ost- und Südküste zu entscheiden.
Seit Oktober 2023 sind die Grenzkontrollen zu Tschechien, Polen und der Schweiz verschärft worden. An der Grenze zu Österreich ist die Bundespolizei ebenfalls aktiv gegen Migration. Die verstärkten Kontrollen haben zu einem signifikanten Anstieg der Ermittlungen geführt: 7.924 Schleusungsdelikte wurden für 2023 registriert, was einem Anstieg von 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Die Täter agieren zunehmend skrupellos. Das BKA berichtet von einem Anstieg der sogenannten Behältnisschleusungen, bei denen Menschen oft durch Sauerstoffmangel, Dehydrierung und hohe Verletzungsgefahr bedroht sind.
Am häufigsten werden Kleintransporter verwendet, die einfach zu mieten sind und für die kein spezieller Führerschein notwendig ist. Die durchschnittliche Zahl der geschleusten Personen in Laderaumen stieg innerhalb eines Jahres von zehn auf fast 19.
Hauptroute über Polen
Behörden haben fast 40.000 Personen aufgegriffen, bei denen Verdachtsmomente auf eine Schleusung bestehen. Fast die Hälfte dieser Personen sind syrische Staatsangehörige, während ein Viertel türkischen Ursprungs ist. Ein erheblicher Teil der Betroffenen wird zu Fuß aufgegriffen, nachdem sie zuvor aus Transportern abgesetzt wurden, so die BKA-Ermittlungen.
Die Hauptschleusungsroute führt über Polen: Über 40 Prozent der geschleusten Personen kamen über die deutsch-polnische Grenze, etwa ein Drittel reiste über Österreich. Rund 22 Prozent überquerten die deutsch-tschechische Grenze.
Von Belarus nach Deutschland
Der typische Schleuser ist männlich, zwischen 25 und 39 Jahre alt. Zehn Prozent der Tatverdächtigen sind Deutsche, aber die Mehrheit stammt aus dem Ausland, insbesondere aus Syrien. Ganze Schleuserbanden, die in der organisierten Kriminalität aktiv sind, werden häufig von deutschen Staatsangehörigen geleitet.
Es ist zu beobachten, dass zunehmend Ukrainer in das Schleusergeschäft einsteigen und insbesondere Afghanen oder Syrer von Belarus nach Deutschland bringen. Diese Information sollte die Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger auf sich ziehen, da der belarusische Diktator unter Verdacht steht, Migranten zur Destabilisierung nach Deutschland zu lenken.
Was bringen Grenzkontrollen?
Der Bericht gibt einen ersten Einblick in die umstrittene Debatte über den Nutzen von Grenzkontrollen: Die meisten geschleusten Personen versuchten 2023 in den Sommermonaten, von Juli bis September, einzureisen. Im Oktober fiel die Zahl der aufgedeckten Fälle leicht, im November dann stark.
Der Rückgang dürfte nicht nur an den widrigen Wetterbedingungen liegen. Das BKA sieht den Rückgang vor allem in den wieder eingeführten Kontrollen an den Binnengrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz sowie den Maßnahmen der serbischen Polizei an der Balkanroute begründet.
Die Kontrollen zeigen Wirkung. Die Sichtbarkeit der Schleuserkriminalität steigt, und Ermittlungen können eingeleitet werden, die wichtige Hinweise auf zunehmende Routen und Methoden liefern.
Zahl der Asylanträge steigt
Ein genauerer Blick in die Statistiken zeigt jedoch: Trotz eines Rückgangs bei den geschleusten Personen und unerlaubten Einreisen nach Einführung der Grenzkontrollen stieg die Zahl der Asylanträge signifikant. Im Oktober und November 2023 lag die Zahl der Anträge laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erheblich über dem Vorjahresniveau. Dies zeigt, dass die Anzahl der Asylbewerber nicht sofort mit den Maßnahmen gesenkt wurde.
Für 2024 zeichnet sich ein rückläufiger Trend ab, den die Innenministerin den Grenzkontrollen zuschreibt. Allerdings könnten auch andere Faktoren, wie verstärkte Abschiebungen, eine Rolle spielen.
“Die Schleuser finden alternative Wege zur Einreise”, erklärt ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei. Anträge werden dann häufig im Inland gestellt. Zudem betont er, dass jede Person, die bei Grenzkontrollen ein Asylbegehren äußert, in der Regel ins Land gelassen werden muss, um den Antrag prüfen zu können. Das bedeutet, dass es selten möglich ist, potentielle Asylbewerber an der Grenze aufzuhalten.