An der Spitze stehen zwei Frauen
Soziale Medien beeinflussen Wahlsieger
Die Umfragewerte zur bevorstehenden Bundestagswahl stagnieren, was die Parteien veranlasst, ihre Präsenz in sozialen Medien zu intensivieren. Nur zwei Parteien zeigen hierbei Erfolg.
Einem prominenten Spitzenkandidaten folgt eine 17-Jährige, die aufgrund ihres Alters noch nicht wählen darf. “Würde ich wählen können, folge ich nur Robert Habeck”, erklärt sie. Ihre Freundin bestätigt, dass Habeck die einzige Option für sie ist.
Am Montagnachmittag, bei eisigen Temperaturen in Berlin-Charlottenburg, bemerkt die Schülerin: “Politiker teilen in sozialen Medien oft keine informativen Inhalte; sie wollen vor allem Sympathien sammeln.” Für Informationen zieht sie seriöse Nachrichtenquellen vor.
Diese Meinung teilen viele Passanten, die wahlberechtigt sind. Wenige nutzen Plattformen, um sich über Kandidaten und deren Parteien zu informieren. Nur ein Name fällt häufig: Heidi Reichinnek. Die Linke-Spitzenkandidatin hat mit ihrer emotionalen Bundestagsrede über sechs Millionen Aufrufe auf TikTok erzielt und wurde damit viral.
Zwei Frauen führen das Polit-Ranking an
“Heidi Reichinnek ist absoluter Polit-Shootingstar in sozialen Medien”, sagt ein Influencer-Experte. Ihre klare, kraftvolle Rede hat die Emotionen der Zuschauer perfekt getroffen und ihr alles gegeben. Zahlen zeigen, wie die Linke von diesem Internet-Erfolg profitiert: Mit 81.000 Mitgliedern hat die Partei einen neuen Rekord aufgestellt und ihre Umfragewerte von vier auf sechs bis sieben Prozent erhöht. Wenn dieser Trend anhält, könnte dies den unerwarteten Einzug in den Bundestag bedeuten.
Allerdings reicht ein virales Video nicht zur Wählergunst, betont der Experte. Seine Agentur hat analysiert, welche Politiker auf verschiedenen Plattformen die größte Reichweite haben. Vor ihrer viralen Rede war Reichinnek auf Platz 12, während ihr Parteikollege Gregor Gysi auf Rang sieben landete, direkt hinter Kanzler Olaf Scholz. Gysi und seine erfahrenen Parteikollegen setzen auf Reichweite, um Direktmandate zu erlangen.
Die Liste der einflussreichsten Politiker wird jedoch von Sahra Wagenknecht angeführt, die 2,9 Millionen Follower hat. Alice Weidel folgt mit 2,7 Millionen. Diese beiden Frauen nutzen unterschiedliche Plattformen – Wagenknecht ist auf Facebook und YouTube aktiv, Weidel hat TikTok für sich erschlossen.
Randparteien setzen auf Emotion und Angst
Wagenknecht, Weidel und Reichinnek stehen für unterschiedliche, polarisierende Positionen und sind nicht in der politischen Mitte zu verorten. Warum sind diese Randparteien so beliebt? Der Experte erklärt, dass emotionale Themen im Vordergrund stehen und häufig Ängste ansprechen. Alice Weidel beispielsweise bietet kurze, prägnante Antworten auf komplexe Fragen, was die Verbreitung ihrer Inhalte fördert.
Von dieser Reichweite profitiert insbesondere Weidel, die stabil bei etwa 20 Prozent Zustimmung in Umfragen steht. Besonders unter den 18-24-Jährigen hat die AfD im Osten eine starke Basis, was auch auf den ansprechenden TikTok-Auftritt zurückzuführen ist.
Ihre Reichweite hat Weidel nicht nur durch emotionale Inhalte gewonnen. Ein besonderes Augenmerk galt der Aufmerksamkeit, die sie durch Elon Musk auf sich zog. Zwischen dem 15. Dezember 2024 und dem 14. Januar 2025 konnte sie über 370.000 neue Follower gewinnen, was ihre Anhängerschaft verdoppelte.
“Authentizität als Schlüssel zum Erfolg”
Allerdings reicht Reichweite alleine nicht aus, um Wahlen zu gewinnen. Das zeigt das Beispiel der beliebten Wagenknecht, deren Partei mit vier Prozent um das Überleben kämpft. Auch Friedrich Merz, der im Polit-Ranking nur auf Platz neun steht, illustriert, dass digitale Präsenz nicht alles ist. Er hat in sozialen Medien ein geringeres Selbstbewusstsein als andere.
Im internationalen Vergleich haben deutsche Politiker noch Aufholbedarf, da prominente Figuren wie Emmanuel Macron und Donald Trump Millionen von Followern haben, während Scholz, Habeck und Merz nur einige Hunderttausend erreichen. “Frühzeitig eine starke Social-Media-Präsenz aufzubauen, wird entscheidend sein”, fügt der Experte hinzu.
Habeck hat bereits eine gute Strategie, die besonders bei jüngeren Wählern auf TikTok und Instagram Punkt findet. Nika, die bald wählen kann, hat bereits den Plan, ihrem favorisierten Politiker zu folgen – und das auf Instagram.