Schwangerschaftsabbrüche bleiben in Deutschland rechtswidrig. Ein Vorstoß zur Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 218 scheitert in dieser Wahlperiode. Die Ursachen liegen in Emotionen, moralischen Überzeugungen und potenziellen Machtverhältnissen.
Adriana Beran demonstriert vor dem Bundestag mit einem lila Plakat, das den Slogan “Weg mit §218” trägt. “Ich habe selbst abgetrieben und weiß, wie sehr dieser Paragraf einen kriminalisiert – das ist nicht richtig,” äußert sie.
Paragraf 218 des Strafgesetzbuches erklärt Abtreibungen grundsätzlich für rechtswidrig, lässt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit zu. Beran erhält Unterstützung von einem Bündnis verschiedener Organisationen, die eine Abstimmung im Bundestag über eine Reform fordern, um Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren.
Eine Reform des Abtreibungsparagrafen kurz vor den Wahlen wäre historisch gewesen, nach jahrzehntelangen Debatten und der Zerreißprobe der Ampelkoalition. Im Kern geht es um 15 Minuten – die Zeit für einen Schwangerschaftsabbruch – was das Land in zwei Lager spaltet: Gegner und Befürworter der Legalisierung.
Ein Abstimmung über eine Reform in dieser Legislaturperiode wird jedoch nicht stattfinden. Es bleibt unklar, ob eine Mehrheit für die Abschaffung von Paragraf 218 im Bundestag vorhanden gewesen wäre. Die Debatte umfasst nicht nur Emotionen und Moral, sondern auch politische Machtspiele.
“Werbeverbot” für Abtreibungen abgeschafft
Die Ampelkoalition hat beim Thema Abtreibungen nennenswerte Fortschritte erzielt. 2022 wurde der umstrittene Paragraf 219a abgeschafft, was das Ende des “Werbeverbots” für Abtreibungen bedeutet.
Im vergangenen Jahr wurde ein weiteres Gesetz erlassen, das Schwangere besser schützt und Schutzzonen vor Beratungsstellen und Ärztinnenpraxen einführt. Wer gegen diese Regelung verstößt, muss mit einer Strafe von bis zu 5.000 Euro rechnen.
Eine Kommission der Ampelkoalition stellte fest, dass Schwangerschaftsabbrüche in der frühen Phase legalisiert und der Straffreiheit unterstellt werden sollten.
Trotz der Unterstützung durch Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken kam es nicht zu einem Gesetzentwurf. Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche sollten demnach nicht mehr unter das Strafgesetzbuch fallen, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden.
Ulle Schauws von den Grünen weist auf die Bedeutung einer Entkriminalisierung hin, auch für die medizinischen Fachkräfte. Sie betont, dass alles, was im Strafgesetzbuch steht, eine umfassende Ausbildung behindert und somit zu einer Erschwerung der Versorgungslage führt.
FDP als Zünglein an der Waage
Obwohl Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine Reform befürwortet, hat der Bundestag bislang keine Bewegung in diese Richtung gezeigt. Das Stimmengewicht der FDP wäre entscheidend für eine Änderung.
In den letzten Monaten forderten einige Mitglieder der FDP und der Jungen Liberalen, das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen im Parlament zu beenden. Im aktuellen Wahlprogramm heißt es, dass ungewollt Schwangeren bestmöglich geholfen werden soll und die unzureichende Versorgungslage verbessert werden soll.
Dies steht im Einklang mit dem Gesetzentwurf von SPD, Grünen und Linken. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP, Nicole Bauer, betont jedoch, dass keine hastigen Entscheidungen getroffen werden sollten und ausreichend Zeit für die Diskussion notwendig sei.
Kritikerinnen bemängeln die verhaltene Haltung der Liberalen und argumentieren, dass die Diskussion schon lange besteht und alle relevanten Fakten vorliegen. Diese Blockade zeigt, dass die Liberalen möglicherweise auf eine engere Zusammenarbeit mit der Union nach der Wahl abzielen.
Debatte geht weiter
Sollte die Union die nächste Regierung bilden, befürchten viele Befürworterinnen einer Reform, dass keine Fortschritte zur Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu erwarten sind; CDU und CSU lehnen jegliche Änderungen ab. Ihr Hauptargument bleibt der “Schutz für das Ungeborene”.
Eine kürzlich durchgeführte Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags hat gezeigt, dass die Meinungen zu Paragraf 218 stark auseinandergehen, von “verfassungswidrig” bis “dringend erforderlich”.
Klar ist: Eine Abschaffung des Abtreibungsparagrafen ist in naher Zukunft nicht zu erwarten. Das Thema bleibt auf der Agenda, auch wenn eine Abstimmung im Bundestag ausbleibt. Die Diskussion über Paragraf 218 ist jedoch noch lange nicht beendet.
Trotz der widrigen Umstände blicken Befürworterinnen wie Adriana Beran nicht hoffnungslos in die Zukunft und versichern, dass sie sich weiterhin für eine Verbesserung der Versorgungsbedingungen einsetzen werden.