Richter beschreibt Fall als “Grenzfall”
Frau tötet schwerstbehinderten Sohn – erhält drei Jahre Haft
07.02.2025, 18:13 Uhr
Eine tragische Entscheidung führte zu einem Mord, der aus verzweifeltem Mitgefühl resultierte: Eine Frau wollte ihren schwerstbehinderten Sohn von seinen Qualen befreien und tötete ihn.
Im Juni 2023 tötete die 57-jährige Beschuldigte ihren 23-jährigen Sohn in Wilhelmshaven, indem sie einen angeheizten Grill in ihren Wohnwagen stellte. Vor dem Landgericht Oldenburg wurde die Frau wegen Mordes zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Vorsitzende Richter betonte, dass niemand das Recht habe, über das Leben eines anderen zu entscheiden, und bezeichnete die Tat als heimtückisch. Aufgrund einer Anpassungsstörung zur Tatzeit wurde die Schuld der Angeklagten als vermindert eingestuft, was zu einem geringeren Strafmaß führte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und eine Revision steht im Raum.
Die Angeklagte hatte ihrem nicht sprechenden Sohn ein Beruhigungsmittel verabreicht und ihn mit Schokoladenkuchen gefüttert, bevor sie beide in Ohnmacht fielen. Während die Mutter nach einiger Zeit wieder aufwachte, verstarb ihr Sohn. Ihr Handeln begründete die Frau mit der Angst, dass ihr Sohn, der unter extremen Verhaltensproblemen litt, andere verletzen könnte.
Der Richter erklärte, dass die Umstände, unter denen die Tat geschah, einerseits die Notlage der Mutter widerspiegeln, andererseits jedoch die Entscheidung, über das Leben ihres Sohnes zu bestimmen, unrechtmäßig sei. Ihm zufolge war die gescheiterte Betreuungssituation im Heim und das Fehlen jeglicher Zukunftsperspektive eine immense Belastung für die Frau, die letztlich zu ihrer schwierigen Entscheidung führte.
Drei Jahre Haft für Mord – ein seltenes Urteil
Der Vorsitzende Richter zeigte Mitgefühl für die Angeklagte, die in der Folge der Tat in einer psychiatrischen Einrichtung behandelt wurde und unter den Folgen ihres Handelns leidet. Er machte jedoch deutlich, dass es wichtig sei, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Ein Mord, der mit lediglich drei Jahren Haft bestraft wird, sei dabei äußerst selten.
Die Kammer folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die ebenfalls drei Jahre Haft wegen Mordes forderte. Diese Zuerkennung verdeutlichte die schwierige Balance zwischen Mitgefühl für die Angeklagte und der Schwere des Verbrechens. Der Staatsanwalt erkannte, wie sehr die Mutter gelitten hatte, während er gleichzeitig die Unrechtmäßigkeit ihrer Handlung hervorhob.
Die Verteidigung forderte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren wegen Totschlags und argumentierte, dass die Umstände nicht für einen heimtückischen Mord sprächen. Sie verwies darauf, dass der Sohn aufgrund seiner intellektuellen Beeinträchtigung keine Wehrlosigkeit besessen habe und die Angeklagte von guten Absichten geleitet gewesen sei. Dennoch blieb der richterliche Befund unmissverständlich: Die Tat wurde als Mord eingestuft und führte zu einer Verurteilung.