Analysis
Im Rahmen des Wahlkampfs fordern Parteien verstärkt Maßnahmen zur Regulierung der Migration. Experten warnen jedoch davor, dass diese Ansätze nicht die zugrunde liegenden Probleme angehen. Lösungsstrategien existieren, sind jedoch selten im Fokus.
Ein junger Mann, 19 Jahre alt und in Deutschland geboren, äußert Besorgnis über seine Zukunft. Mit deutscher und türkischer Staatsbürgerschaft hat er Angst, möglicherweise seinen deutschen Pass zu verlieren. “Man weiß ja nicht, was passiert. Ich fürchte, ich könnte zurückgeschickt werden,” so seine Aussage.
Ähnliche Sorgen teilen viele Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland, die die aktuelle Debatte über Migration verfolgen. Der Wahlkampf konzentriert sich stark auf kurzfristige Maßnahmen zur Regulierung des Zustroms.
Wahlprogramme zur Migration
Die Vorschläge der Parteien weisen teils erhebliche Übereinstimmungen auf. Die CDU plant, bestimmten Straftätern mit doppelter Staatsbürgerschaft den deutschen Pass zu entziehen, was rechtlich umstritten ist. Die AfD beabsichtigt, doppelte Staatsbürgerschaften nur in Ausnahmefällen zuzulassen.
Die Grünen setzen sich in einem neuen Zehn-Punkte-Plan für die konsequente Abschiebung von nicht-deutschen Gefährdern und Schwerkriminellen ein und fordern europäische Lösungen in der Migrationspolitik.
Die FDP schlägt vor, Asylverfahren ins Ausland zu verlagern, was von der SPD kritisch betrachtet wird. Dennoch befürwortet auch die SPD “rasche und konsequente Abschiebungen”.
Was ist mit den Fluchtursachen?
Experten fordern ein Überarbeiten der Fluchtursachen, um weniger Menschen vor Krieg, Gewalt, Hunger oder Klimawandel schützen zu müssen, so Migrationsforscher.
Während die Linke, die SPD und die Grünen in ihren Wahlprogrammen Absichtserklärungen zu Fluchtursachen vorbringen, setzen CDU, AfD, FDP und BSW vorwiegend auf Abschiebungen und strengere Asylregeln.
Bedenken von Strafrechtlern
Nach den jüngsten gewaltsamen Übergriffen wird gefordert, dass das Thema Migration nicht den extremen Rechten überlassen werden darf. Die Kritiker warnen jedoch vor der Übernahme extrem rechter Positionen.
Eine Gruppe von 60 Strafrechtlern äußert Bedenken, dass die derzeitigen Migrationspläne rechtskonform umgesetzt werden können. Sie argumentieren, dass emotionale Reaktionen und politische Reflexe die sachliche Diskussion dominieren.
Forschung zeigt, dass soziale Integration entscheidend zur Prävention von Kriminalität beiträgt. Dennoch wird als Folge der Vorfälle der Familiennachzug für Geflüchtete infrage gestellt, was möglicherweise die soziale Instabilität und das Risiko von Kriminalität erhöhen könnte.
Grenzkontrollen als Lösung?
Saarbrückens Oberbürgermeister äußert, dass im Wahlkampf Fragen der Integration und des Umgangs mit Migranten vernachlässigt werden. Er fordert eine unemotionale und sachliche Debatte über die Zukunft Europas.
Angesichts der zur Grenze zu Frankreich liegt Saarbrücken in einer besonderen Lage, die offenen Grenzen könnten gefährdet sein, wenn Grenzkontrollen eingeführt werden. Die zahlreichen Grenzübergänge stellen eine Herausforderung für die Bundespolizei dar.
Der CDU-Politiker betont die praktischen Herausforderungen der Migration, einschließlich der Notwendigkeit ausreichend Wohnraum und Kita-Plätze zu schaffen, und plädiert für eine ganzheitliche Betrachtung der Integration.
Dringender Bedarf an psychologischer Betreuung
Trotz abnehmender Asylanträge berichtet die SPD-Innenministerin von Erfolgen, jedoch wurde auch die medizinische Regelversorgung für Geflüchtete nach den neuesten Regelungen verschärft.
Ein Drittel der über drei Millionen geflüchteten Menschen in Deutschland benötigt dringend psychologische Unterstützung, doch die Einrichtungen decken nur einen Bruchteil des Bedarfs ab.
In der aktuellen politischen Diskussion zu Migration und dem “Zustrombegrenzungsgesetz” bleibt die psychologische Versorgung weitgehend unberücksichtigt, obwohl sie für Integration und Teilhabe entscheidend ist.
Budgetkürzungen bei der psychosozialen Versorgung
Auch die Haushaltsverhandlungen der Ampelregierung zeigten eine Reduzierung der Mittel für die psychosoziale Unterstützung von Geflüchteten. Obwohl der Haushaltsentwurf nicht rechtskräftig wurde, sind die Mittel weiterhin gekürzt.
Im Wahlkampf hören wir kaum Vorschläge zum Thema Migration und deren Herausforderungen. Was bleibt, sind Ängste und ungelöste Probleme, die weiterhin im Raum stehen.