Der Druck auf ein “Recht auf Homeoffice” wächst, da Arbeitsminister Heil trotz früherer Ankündigungen nur wenig Fortschritt verzeichnen kann. Insbesondere die Grünen im Bundestag fordern nun von ihrem Koalitionspartner Maßnahmen.
Kurz vor Dienstbeginn bei Deutschlands größtem Softwareunternehmen sind viele Mitarbeiter auf ihren Fahrrädern unterwegs zur Zentrale in Walldorf. Jedoch zeigt sich bei einigen von ihnen Widerwillen, ins Büro zu fahren.
“Es ist überflüssig, im Büro zu sein. Arbeiten von zu Hause ist ebenso effizient”, meint ein SAP-Mitarbeiter. Ein Kollege fügt hinzu: “Es gibt Mitarbeiter, die lange Anfahrtswege haben. Sie protestieren gegen die dreimal wöchentliche Büropflicht. Ich sehe keinen geschäftlichen Bedarf dafür.”
Unverbindliche Maßnahmen bisher
Seit Monaten herrscht bei SAP ein Konflikt bezüglich des Homeoffice. Der Vorstand möchte die Mitarbeiter häufiger ins Büro zurückholen, während diese sich vehement dagegen wehren. Der Streit eskalierte Anfang Juni und landete vor Gericht. Nun prüft eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle mögliche Lösungen.
Viele Mitarbeiter setzen ihre Hoffnungen auf die Bundesregierung, die ein Recht auf Homeoffice in Aussicht gestellt hat. Dies ist im Koalitionsvertrag der Ampel verankert. Arbeitsminister Hubertus Heil plante einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice pro Jahr, sofern keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen.
Allerdings wurde dieser Anspruch bislang nicht umgesetzt. Das Bundesarbeitsministerium hat lediglich unverbindliche Hinweise für den Arbeitsschutz bei hybrider Bildschirmarbeit veröffentlicht.
Union äußert Kritik
Den Grünen im Bundestag ist das unzureichend. Sie bestehen auf der Koalitionsvereinbarung sowie einem Recht auf Homeoffice. Beate Müller-Gemmeke, Grünen-Bundestagsabgeordnete, erklärt: “Wir fordern eine Regelung; Empfehlungen sind nicht genug.” Besonders für Frauen sei Homeoffice entscheidend, um Beruf und Familie zu vereinbaren.
Die Union kritisiert hingegen, dass ein Recht auf Homeoffice wirtschaftsfeindlich sei. CDU-Sprecherin Julia Klöckner betont: “Unsere Wirtschaft steht vor gravierenderen Herausforderungen, als mit bürokratischen Hürden und Umstellungskosten belastet zu werden.”
Kein klares Bekenntnis zur Umsetzung
Was sagt Arbeitsminister Hubertus Heil zu den Entwicklungen? Auf eine Interviewanfrage reagiert sein Ministerium schriftlich. Man wolle die Situation beobachten und prüfen, ob Anpassungen des Rechtsrahmens erforderlich sind. Auf die Frage, ob das Vorhaben noch realisiert wird, bleibt die Antwort vage und betont die Beobachtung und Prüfung der Situation.
Ein klares Bekenntnis zum Recht auf Homeoffice bleibt aus. Damit müssen die SAP-Mitarbeiter in Walldorf vorerst weiterhin ins Büro pendeln.