Spitzname “Gummibärchen-Mann”
Deutscher schildert Großzügigkeit russischer Mithäftlinge
06.08.2024, 02:44 Uhr
„Moin, Herr Scholz, danke für Ihre Hilfe“, sagt Patrick Schöbel, als er vom Bundeskanzler auf dem Rollfeld begrüßt wird. Schöbel ist einer von fünf Deutschen, die im Gefangenenaustausch mit Russland freikamen. Im Gefängnis erlebte er nicht nur Grausamkeit, sondern auch bemerkenswerte Zuwendung.
Patrick Schöbel, 38, ist einer der Männer, die am vergangenen Donnerstag im Zuge eines Gefangenenaustausches mit Russland entlassen wurden. Er berichtet von seiner Zeit in russischer Haft, dem Kampf gegen zunehmende Verzweiflung und seinen Begegnungen mit Bundeskanzler Scholz nach der Rückkehr. Schöbel war bei seiner Einreise nach Russland am 16. Januar festgenommen worden, da er mit sechs Cannabis-Gummibärchen unterwegs war, was ihm eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren einbrachte.
„Morgens wurden wir mit der Nationalhymne geweckt und mussten zur Inspektion antreten“, erzählt Schöbel über den Gefängnisalltag. Während viele Häftlinge monatlich von ihren Familien mit Paketen versorgt wurden, erhielt er aufgrund seiner familiären Situation keine Unterstützung. „Bald wussten alle, dass ich in Russland keine Familie habe, die mir Pakete schicken kann, und haben mich immer mitversorgt“, erinnert sich Schöbel, der unter den Insassen als „Gummibärchen-Mann“ bekannt war.
Schöbel berichtet, dass Militärangehörige den Gefangenen Angebote machten, um an die Front in der Ukraine zu gehen, wobei die Bedingung war, dass der Rest der Haftstrafe erlassen würde. Viele Männer, einschließlich Drogenabhängiger, entschieden sich für diesen riskanten Weg: „Russland holt Junkies aus dem Gefängnis und schickt sie als Kanonenfutter an die Front“, sagt er. Schöbel hingegen lehnte das Angebot ab.
Von dem bevorstehenden Austausch erfuhr Schöbel erst in letzter Minute. „Im Flugzeug hatte ich Angst, dass sie uns vielleicht in eine Strafkolonie nach Sibirien fliegen“, erklärt er. Erst als ihm jemand im Flugzeug seinen Reisepass aushändigte, wurde ihm klar: „Alter, die lassen mich wirklich nach Hause!“ In Deutschland wartete Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Rollfeld, den Schöbel nach der Landung mit den Worten begrüßte: „Moin, Herr Scholz, danke für Ihre Hilfe!“