Einblicke von ukrainischen Flüchtlingen
“Sie fangen Menschen und schicken sie in den Krieg”
25.12.2024, 12:47 Uhr
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Im Angesicht der anhaltenden Konflikte in der Ukraine sind viele Männer verzweifelt auf der Flucht vor der Zwangsrekrutierung. Zwei ukrainische Flüchtlinge teilen ihre Erfahrungen aus diesem leidvollen Prozess.
Männer in der Ukraine haben derzeit kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung, was zu einer verzweifelten Lage führt. Die Regierung zwingt viele in den Krieg, während sich nur wenige freiwillig melden. Vor allem in öffentlichen Versammlungen werden Männer regelmäßig festgenommen und zur Rekrutierung gezwungen. Viele bleiben aufgrund dieser Bedrohung in ihren Wohnungen und versuchen, Informationen über die Aktivitäten der Rekrutierungsbeamten über soziale Netzwerke zu erhalten.
Sergey Jgorolskiy, einer von über 250.000 ukrainischen Männern, die sich gegenwärtig in Deutschland aufhalten, sagt: “Sie fangen Menschen und schicken sie in den Krieg. Das ist Sklaverei.” Jgorolskiy feiert seinen 32. Geburtstag in Berlin, nachdem er im Sommer 2023 seine Heimat als Student und Schauspieler verlassen hat. Er begab sich illegal auf den Weg nach Deutschland, da die Grenzen für Männer zwischen 18 und 60 Jahren geschlossen sind.
Rumänien als sicherer Hafen für Kriegsdienstverweigerer
Jgorolskiys Flucht führte ihn über einen Fluss nahe der moldawischen Grenze und durch Wälder, um nicht entdeckt zu werden. Berichten zufolge haben seit Kriegsbeginn etwa 11.000 ukrainische Männer illegal die Grenze nach Rumänien überquert, wo sie von den Behörden zunächst nach Waffen durchsucht wurden. Bodgan Khorolskiy, ein 23-jähriger Architekt, erzählt von seiner weiteren Flucht durch die Karpaten. Die steigenden Gefahren und die drängende Notwendigkeit zu entkommen, lassen viele Ukrainer riskante Wege auf sich nehmen, um nicht in die Rekrutierung geraten.
Wachsende Zweifel an den Kriegsmotiven
Die Motivation vieler ukrainischer Männer, weiterkämpfen zu müssen, schwindet zunehmend. Khorolskiy stellt fest: „Die geschlossenen Grenzen machen die Ukraine zu einem Gefängnis für Männer.“ Viele kämpfen nicht mehr für eine Sache, sondern aus Zwang. Jgorolskiy kritisiert die Korruption im Land und hinterfragt, warum er für ein System kämpfen sollte, das nicht im Interesse der Bevölkerung handelt.
Herausforderungen für Flüchtlinge in Deutschland
Beide Flüchtlinge haben nicht vor, in die Ukraine zurückzukehren. Allerdings gibt es in Deutschland Herausforderungen bezüglich der Ausstellung neuer Reisepässe durch ukrainische Botschaften, was die Rückkehr von Männern in die Ukraine erschwert. Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland gestatten es den Behörden, von ukrainischen Männern zu erwarten, dass sie dem Militärdienst nachkommen.
Im Moment genießen ukrainische Flüchtlinge bis März 2025 in der EU humanitären Schutz, auch wenn ihre Pässe ablaufen. Die Zukunft dieser Maßnahmen bleibt jedoch ungewiss.